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Es war 23.45Uhr, als der Regionalzug Nürnberg - Hof zwischen Neusorg und Waldershof im Bahntunnel entgleiste. Der Lokführer konnte noch einen Notruf über Bahnfunk absetzen. Kurz darauf ging die Meldung in der Feuerwehreinsatzzentrale in Weiden ein. Ab diesem Zeitpunkt bestand keine Verbindung mehr mit dem Lokführer. Der entgegenfahrende Regionalexpress konnte noch rechtzeitig im Bahnhof Marktredwitz gestoppt werden.

Die Alarmierung der Feuerwehr und des Rettungsdienstes wurde nach Sonderalarmplan [q]Bahn Höllbach km 115 - Kreuzweiher km 118[/q] Alarmstufe 3 um 23.48Uhr ausgelöst. Die alarmierten Feuerwehren Pullenreuth und Neusorg konnten auf der Anfahrt zur möglichen Einsatzstelle an der Bahnbrücke bei Haidlfurt, wo die Bahnstrecke Neusorg - Waldershof über einige Kilometer einsehbar ist, nichts Ungewöhnliches sehen und fuhren weiter nach Leimgruben zur nächsten Einsichtsstelle, wo sich das Tunnel Neusorg - Waldershof befindet.

Nach dem Eintreffen der Wehren in Leimgruben konnte man bedingt durch die Dunkelheit nichts Genaues erkennen. Es lag jedoch Brandgeruch in der Luft und man glaubte, leise Hilferufe zu hören.

Bis zur Bestätigung der Bahn durch die Notfallleitstelle München, dass die Strecke in beiden Richtungen gesperrt ist, rüstete sich ein Trupp der Feuerwehr Neusorg zum Erkunden des Tunnels aus. Aufgrund der zu erwartenden besonderen Schadenslage hat der im Voraus bestimmte örtliche Einsatzleiter, Kreisbrandinspektor Andreas Wührl, den Ansprechpartner der Führungsgruppe Katastrophenschutz am Landratsamt Tirschenreuth empfohlen, diese einzuberufen und weitere Berichte abzuwarten.

Ächzende Schreie, laute Hilferufe, stöhnendes Gewimmer und absolute Finsternis ließen die ersten Erkundungstrupps der Feuerwehr erschaudern als sie sich nach mehreren hundert Metern den entgleisten Zug im Tunnel näherten. Aufgebrachte und verzweifelte Passagiere des Regionalzugs schleppten sich den Einsatzkräften entgegen, die sich mit schweren Atemschutz und Lampen ausgerüstet zur Unglückstelle vorarbeiteten.

Als man endlich etwas Licht ins finstere Gewölbe brachte bot sich ein Bild des Schreckens. Zahlreiche Verletzte die sich bereits aus eigener Kraft aus dem Zug befreiten, lagen auf dem Gleißbett Andere hatten bei der Entgleisung weniger Glück. Bewusstlos lagen sie im den Abteils, teilweise notdürftig durch andere Passagiere versorgt. Viele standen unter Schock und konnten die Lage um sie herum nicht einordnen. Dazwischen immer wieder Hilfeschreie. Beißender Rauch von der brennenden Zugmaschine machte sich im Tunnel breit und erschwerte die Arbeiten zusätzlich.

Den Einsatzkräften wurde bei diesem Szenario alles abverlangt. Das absolut unwegsame Gelände vor den beiden Tunneleingängen glich den Vorhöfen zur Hölle. Links und rechts ging es mehrere hundert Meter steil bergab. Bäume und Sträucher verhinderten ein eiliges Handeln. Über die Steilhänge mussten sich die Helfer erst mit aller Vorsicht einen Weg bahnen über den sie das Material zur Einsatzstelle schaffen konnten. Noch schlimmer war der Tunneleingang in Richtung Waldershof. Hier war das Gelände zu unzugänglich, dass erst das Technische Hilfswerk eine Seilbahn errichten musste um das Einsatzgerät nach unten zu schaffen.

Inzwischen war es schon fast 2 Uhr Nachts, als Feuerwehr, Rotes Kreuz und Bergwacht damit begannen die insgesamt 32 Verletzten über den Tunnelausgang in Richtung Neusorg abzutransportieren. Die Bergwacht hatte ebenfalls damit zu kämpfen die zum Teil schwer Verletzten mit Tragen über den Steilhang nach oben zu schaffen.


[b]Struktur der Einsatzübung[/b]
Einer Logistischen Meisterleistung glich die groß angelegte Katastrophenübung im Bahntunnel zwischen Neusorg und Waldershof. Der Krisenstab vor Ort hatte alle Hände voll zu tun um die fast 600 Einsatzkräfte auf dem gesamten Arial zu koordinieren. Gesamtverantwortlicher für die Übung war Landrat Wolfgang Lippert. Geleitet wurde die ganze Situation federführend von den Kreisbrandinspektoren Andreas Wührl und Lorenz Müller. Sie bildeten als örtliche Einsatzleiter die Spitze bei der alles zusammen lief. Kreisbrandrat Franz Arnold war als Beobachter tätig.

Übungsteilnehmer waren die Unterstützungsgruppe Örtliche Einsatzleitung von Feuerwehr und Bayerischen Roten Kreuz (BRK), die Sanitäts- und Betreuungskomponente des BRK, das Technische Hilfswerk, die Rettungsleitstelle in Weiden, die Feuerwehreinsatzzentrale in Weiden, die Nachalarmierungsstelle der Feuerwehr in Tirschenreuth, die Bundespolizeiinspektion Selb/Waidhaus, das Kreisverbindungskommando der Bundeswehr und der Notfallmanager der Deutschen Bahn AG. Die Mitwirkung weiterer Dienststellen, Behörden und Hilfsorganisationen war real nicht vorgesehen, dennoch wurden sie fiktiv in das Szenario mit eingespielt.

Insgesamt waren über 400 Einsatzkräfte von 22 Feuerwehren vor Ort. Alarmiert wurden stufenweise die Wehren aus Pullenreuth, Neusorg, Waldershof, Pilgramsreuth-Langentheilen, Marktredwitz, Riglasreuth, Lochau, Kemnath, Trevesen, Ebnath, Brand, Fuhrmannsreuth, Walbenreuth, Schurbach, Immenreuth, Kulmain, Waldeck, Neualbenreuth, Kastl, Erbendorf, Nagel und Fuchsmühl. Weitere 100 Personen stellte das Bayerische Rote Kreuz. Vom technischen Hilfswerk waren 21 Helfer vor Ort. Ebenso 20 Helfer von der Bergwacht.

Vor allem legte man Wert darauf, dass die Übung realitätsnah durchgeführt wurde. Alle Übungsteilnehmer hatten Handlungsfreiheit wie bei einem realen Ereignis. Soweit sich bei der Übung reale Brände oder Unfälle ereignet hätten, wären diese Meldungen mit dem Begriff [q]Tatsache[/q] gekennzeichnet worden.

Als Übungsziel definierte man die Führung bei Katastrophen durch praxisgerechte Zusammenarbeit der verschiedenen Führungsebenen untereinander, sowie mit den Hilfsorganisationen und andere Stellen. Wichtiger Bestandteil war zudem die Kommunikation zwischen der Notfallleitstelle der Deutschen Bahn AG und der Feuerwehreinsatzzentrale, die Kommunikation zwischen der Führungsgruppe Katastrophenschutz, der Örtlichen Feuerwehreinsatzleitung und der Sanitätseinsatzleitung.


[b]Vorgehen der Wehren[/b]
Während der Krisenstab in ihren Zelten versuchte die Lage zu ordnen und zu koordinieren kämpften hunderte Einsatzkräfte vor Ort. Insgesamt 32 Personen mussten die Feuerwehrkräfte aus dem 700 Meter langen Bahntunnel holen. Unter widrigsten Umständen erfolgten diese Rettungsmaßnahmen bis 4 Uhr Nachts. Denn dann musste abgebrochen werden, damit die Strecke wieder für den Bahnverkehr frei war. 300 Meter waren die Steilhänge zum Teil lang, über die die Verletzten durch die Bergwacht nach oben geholt wurden. Oben angekommen übernahm sie das Bayerische Rote Kreuz, das ebenfalls mit einem Großaufgebot an Mensch und Material vor Ort war. Aufgeteilt in verschiedene Zelte mit medizintechnischer Ausrüstung wurden die Verletzten je nach Verletzungsart untergebracht bis sie in umliegende Krankenhäuser gebracht wurden.

Zum Abtransport wurde fiktiv spät nachts unter anderem ein Rettungshubschrauber der Bundeswehr angefordert. Der Landeplatz wurde mittels einer Drehleiter ausgeleuchtet.

Feuerwehrtechnisch wurde der Einsatzort in mehrere Bereich aufgeteilt. Kreisbrandmeister Alois Schindler betreute den Angriffspunkt auf Neusorger Seite. Sein Kollege Otto Braunreuther war auf der Waldershofer Seite vor Ort. Neben der Wasserbeschaffung stand im Wesentlichen die Personenrettung im Mittelpunkt. Vor allem auf der Waldershofer Tunnelseite hatte man mit enormen Problemen zu kämpfen, da die seitlichen Böschungen kaum zugänglich waren. Erst als das technische Hilfswerk damit begann eine Seilbahn zu installieren, konnte man zum Teil mit technischem Gerät in den Tunnel vordringen. Die Personenrettung fand dadurch ausschließlich über den Ausgang auf der Neusorger Seite statt. Vor allem für die Arbeit im Tunnel wurden etliche Atemschutztrupps benötigt, wodurch man den Großteil der Wehren im Westlichen Landkreis alarmierte.

Die Wasserversorgung stellte die nächste große Aufgabe für die Rettungskräfte dar. Insgesamt baute man eine mehrere Kilometer lange Schlauchleitung von Seen der Umgebung auf, um die Löschwasserversorgung sicher zu stellen. Damit wurden die Wehren aus dem umliegenden Orten beauftragt, die mit dem Gelände vertraut waren.

Um 4 Uhr früh musste die Übung abgebrochen werden. Der Bahnverkehr wurde nur wenige Stunden umgeleitet. Wolfgang Flieger, der Notfallmanager der Deutschen Bahn erklärte, dass man bereits seit Monaten diese Übung vorbereitet habe, damit es zu keinen allzu großen Störungen im Betrieb käme. So wurden unter anderem mehrere Güterzüge weiträumig umgeleitet. Er äußerte seine Hochachtung vor all den vielen freiwilligen Einsatzkräften die hier mitten in der Nacht vor Ort waren. Während des Tages, so informierte er, wäre die Übung aus logistischen Gründen nicht möglich gewesen.

Ebenso Landrat Wolfgang Lippert der hochinteressiert das ganze Geschehen verfolgte. Dieser kam nach seinen anfänglichen Einsatz im Tirschenreuther Landratsam zu den Helfern vor Ort um sich selbst ein Bild zu machen. Er zeigte sich beeindruckt und dankte all den vielen Einsatzkräften für ihr nächtliches Engagement. Auftretende Probleme, so der Landrat werden in den nächsten Tagen ausführlich analysiert und nachbereitet. Man wolle sicherstellen, dass aus diesem Einsatz hilfreiche Informationen für den Ernstfall gesammelt werden. Nötige Verbesserungsmaßnahmen wolle man gezielt vorantreiben.

 

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